21.05.2019 - Erinnerungen wachhalten

Weitere „Stolpersteine“ in Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus werden am Samstag verlegt

Weitere „Stolpersteine“ in Neus verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig am Samstag, 25. Mai 2019. Die Verlegung beginnt ab 9 Uhr in der Sternstraße 98. Mit den Messingsteinen auf dem Gehweg vor den Häusern, in denen einst die Menschen wohnten, die der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zum Opfer fielen, hält Demnig die Erinnerung an sie wach.

Bisher erinnern in der Stadt an 34 Standorten 81 „Stolpersteine“ an Neusser Opfer des Nationalsozialismus. Eine Übersicht gibt es auf der Website des Stadtarchivs (http://www.stadtarchiv-neuss.de/preussische-zeit-181415-bis-1945.html). Nun kommen an drei weiteren Standorten insgesamt sechs Steine dazu. Diese Verlegung ist insofern eine besondere, weil dafür eigens Nachfahren aus Israel und England anreisen.

 Die Stolpersteine enthalten lediglich die knappen Hinweise auf Namen, Geburtsjahr, Todesjahr und -ort und sollen damit die Passanten gedanklich über ein menschliches Schicksal in ihrer Stadt „stolpern“ lassen. Es werden auch Steine für Opfer verlegt, die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft überlebten. Das Stadtarchiv ist mit der wissenschaftlichen Begleitung der Verlegungen in Neuss betraut und berät fachlich wie organisatorisch alle am Projekt Interessierten. Folgende Steine werden am 25. Mai verlegt:

 Sternstraße 98: für Angehörige der Familie Cohn

Leonhard Cohn (1855-1943), Paula Cohn (1883-1941), Elsa Cohn (1886-1941), Ilse Cohn (geb. 1919)

Der Maler- und Anstreichermeister Leonhard Cohn errichtete 1905 das Haus Sternstraße 98 und lebte dort mit seiner Frau Clothilde (1859-1933) und den vier Kindern. Nach der Pogromnacht zog Cohn Anfang Dezember 1938 zu seinen Töchtern nach Düsseldorf, von wo er 1942 nach Theresienstadt deportiert und 1943 ermordet wurde. Auch seine beiden Töchter Paula Cohn und Elsa Cohn, verh. Levita, erlitten dieses Schicksal, beide wurden 1941 nach Minsk deportiert und ermordet. Ilse Cohn, der Enkelin von Leonhard und Tochter von Paula Cohn, gelang auf abenteuerlichem Weg die Flucht nach Palästina. Zur Verlegung wird ihr Sohn, Arieh Naor, mit Familie aus Israel anreisen. Die Patenschaft für die Steine hat die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Neuss übernommen.

 Kaiser-Friedrich-Straße 132: für Dr. Réne Simons (geb. 1904)

Réne Simons war Sohn des Neusser Kaufmanns Paul Simons und dessen Frau Ida. Beide Eltern wurden im Vernichtungslager Sobibor ermordet, für sie liegen vor dem Haus Kaiser-Friedrich-Straße 132 bereits Stolpersteine. Réne Simons emigrierte 1936 in die Niederlande. 1942 gelang ihm auf abenteuerlichem Weg die Flucht nach Südfrankreich, wo er – mehrfach in Lagern interniert – mit Hilfe französischer Freunde überlebte. Die Tochter von Réne Simons, Gaby Glassman-Simons aus London, wird zur Verlegung der „Stolpersteine“ nach Neuss anreisen.

 Thywissenstraße 26: für Sibilla Kaufmann (1856-1942)

Die betagte Sibilla Kaufmann lebte im Haus Thywissenstraße 26 bis zur Pogromnacht am 9. November 1938, in der sie ihr Vermieter vor einem Übergriff der Nazis schützte. Am nächsten Tag brachte er sie im Kloster Immaculata in Sicherheit. Von dort zog sie 1940 in das jüdische Altersheim in Düsseldorf-Grafenberg. 1942 wurde die 85-jährige Sibilla Kaufmann nach Theresienstadt deportiert und in Treblinka ermordet.