Der Limes in Novaesium
Sonderausstellung zum Leben an der Grenze des Römischen Reiches im Clemens Sels Museum Neuss
Die neue Sonderausstellung „Der Limes in Noveasium – Vom Leben an der römischen Grenze“ zeigt ab Sonntag, 26. Juni 2016, im Clemens Sels Museum Neuss, Am Obertor, die neuesten Erkenntnisse über Novaesium (das römische Neuss), eines der größten Militärlager an der römisch-germanischen Grenze.
Vor 2000 Jahren teilte eine Linie Europa in zwei Gebiete: Der Limes zog sich von Schottland über Mitteleuropa und den Nahen Osten bis nach Afrika und markierte die Außengrenze des Römischen Reiches. „Der Limes war jedoch keineswegs eine Trennlinie, vielmehr fand ein reger Austausch zwischen den römischen und nicht-römischen Gebieten statt“, erläutert Dr. Carl Pause, Kurator der Ausstellung.
Bei der Vorbereitung der Ausstellung wurden viele neue Erkenntnisse gewonnen, durch die die Geschichte des römischen Neuss umgeschrieben werden muss. Das antike Novaesium ist der älteste römische Militärstandort am Niederrhein. Bereits um das Jahr 30 v. Chr. wurde hier erstmals ein Militärlager angelegt. Während der fast 400 Jahre währenden Präsenz römischer Soldaten entstand hier eine zivilisatorische Infrastruktur mit Militärlagern, befestigten Straßen, Brücken und steinernen Gebäuden, wie sie danach erst wieder in der Neuzeit erreicht wurde. Beispielhaft hierfür steht etwa eine steinerne Brücke über die Erft von etwa vier Metern Breite bei Grimlinghausen, die Teil der römischen Fernstraße von Köln nach Xanten war. Doch beherbergte Neuss nicht nur Soldaten du die dafür nötige Infrastruktur, Im Bereich der heutigen Innenstadt lag schon damals eine Zivilsiedlung (vicus). „In Novaesium lebten rund 6.000 tausend Soldaten und noch einmal mindestens ebenso viele Zivilisten.“, so Pause. Diese Bevölkerungszahl erreichte Neuss erst wieder im 19. Jahrhundert.
Anders als in Schottland oder Süddeutschland war die Grenze in Niedergermanien nicht mit Wällen und Palisaden, sondern mit Kastellen und Wachtürmen sowie durch den Rhein gesichert. Aktuelle Forschungen zeigen, dass das große, auch als Koenenlager bekannte Legionslager nicht erst im Jahr 43 n. Chr., wie bisher angenommen, sondern vermutlich schon einige Jahre früher entstand. Die anfänglich errichteten Holzgebäude des Lagers wurden auch nicht, wie man bislang glaubte, von aufständischen germanischen Bataver im Jahr 69 n. Chr. in Brand gesteckt, sondern waren bereits vor diesem Ereignis durch solide Steinbauten ersetzt worden.
Das Hochwasser- und das Mittelwasserbett des Rheins sah in römischer Zeit völlig anders als heute aus, wie Forschungen des Clemens Sels Museums Neuss, der Abteilung Bodendenkmalpflege des Amtes für Stadtplanung und der Liegenschaften und Vermessung Neuss zeigen. Auswertungen von Ausgrabungen liefern erstmals Beweise dafür, dass sich der bislang unbekannte Hafen des römischen Legionslagers am heutigen Sporthafen befunden haben muss.
Eine eigens für die Ausstellung erstellte 3D-Rekonstruktion des Kleinkastells auf dem Reckberg zeigt über 100 Jahre nach seiner Entdeckung erstmalig, wie die vermutlich an einem Rheinübergang gelegene Befestigungsanlage ausgesehen hat. In ähnlicher Weise wurden auch zwei römische Gutshöfe in den Neusser Ortsteilen Weckhoven und Gnadental erstmals rekonstruiert.
Die antiken Grenzanlagen sind von so großer kulturhistorischer Bedeutung, dass sich die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zusammen mit den niederländischen Provinzen Süd-Holland, Utrecht und Gelderland entschlossen haben, im Jahr 2020 die Eintragung des in diesen Regionen gelegenen Niedergermanischen Limes als Teil der schon bestehenden UNESCO-Welterbestätte „Grenzen des Römischen Reiches“ zu beantragen. Dieses Bestreben nimmt das Clemens Sels Museum Neuss zum Anlass, die dichte römische Infrastruktur am niederrheinischen Militärstandort Novaesium aufzuzeigen, die sich über das gesamte Stadtgebiet erstreckt und weit mehr als nur die Militärlager umfasst.