03.11.2000 - Ehemalige Chemische Fabriken werden saniert

Die Sanierung der Altlast „Ehemalige Chemische Fabriken Albert und Wolf“ ...

...(Ehemalige Sprengstoffabrik und Metallaufbereitung) wurde jetzt begonnen. Die Arbeiten auf dem Gelände zwischen Südbrücke und Sporthafen Grimlinghausen sollen bis zum Frühjahr 2001 abgeschlossen sein.

Allgemeines
Der zirka 16 Hekta umfassende Altstandort Ne 24 „Ehemalige Chemische Fabriken Albert und Wolf“ liegt im Zentrum einer vom Scheibendamm, der A 57 und der Südbrücke gebildeten Teilfläche des Rheinvorlandes. Das Gelände ist an drei Seiten von landwirtschaftlichen Nutzflächen umgeben. Im Osten wird der Altstandort vom Rheindamm bzw. der Rheinallee begrenzt. Das Gelände befindet sich überwiegend im Zustand einer Brachfläche. Teile des Geländes werden temporär als Schafsweide genutzt. Im Norden der Fläche befindet sich ein Hundesportplatz. Das Gelände ist durch Erdwälle und Zäune eingefriedet. Besonders hoch belastete Teilflächen sind durch eine zusätzliche Einzäunung gesichert. Warnschilder weisen auf die Gefährdung durch Bodenverunreinigungen hin.

Nachdem im Jahr 1988 auf dem Altstandort „Ehemalige Chemische Fabriken Albert und Wolf“ auffällig blau gefärbter Boden an der Oberfläche angetroffen worden war, ergaben erste Untersuchungen durch das Amt für Umweltschutz der Stadt Neuss Bodenbelastungen mit Schwermetallen und Cyaniden. Die auffälligen Bodenbereiche wurden nachfolgend mit sauberem Mutterboden abgedeckt und seitens der Stadt Neuss beschlossen, das ehemalige Fabrikgelände einer Gefährdungsabschätzung zu unterziehen. Nach Aufstellung eines Untersuchungskonzeptes und Beantragung von Fördermitteln beim Land NRW wurde im Jahr 1991 mit den Untersuchungen begonnen.

Bei der Durchführung der Gefährdungsabschätzung wurde ein schrittweises Vorgehen gewählt, um die Kosten der Untersuchungen in Grenzen zu halten. Zu Beginn wurde mittels einer Archivrecherche und einer multitemporalen Luftbildauswertung die Firmengeschichte recherchiert und die Lage der ehemaligen Fabrikanlagen rekonstruiert. Danach wurden die kritischen Fabrikbereiche in mehreren Untersuchungskampagnen gezielt untersucht. Die Gefährdungsabschätzung wurde 1995 mit dem Ergebnis abgeschlossen, daß im Bereich der Altlast sanierungs- und sicherungsbedürftige Bodenverunreinigungen vorliegen.

Nachfolgend wurde im Zuge einer sogenannten Sanierungsuntersuchung das optimale Sanierungsverfahren ermittelt. Im Jahr 1996 stand dann fest, daß größere Bereiche des Geländes durch eine Oberbodenabdeckung zu sichern sind. Bezüglich des TNT-Hauptschadensbereiches wurden jedoch seitens des Kreises Neuss und des Staatlichen Umweltamtes für eine Entscheidungsfindung weitere Untersuchungen für erforderlich angesehen, die nach Bewilligung entsprechender Fördermittel 1997 bis 1998 durchgeführt wurden. Im Jahr 1999 wurde dann das endgültige Sanierungskonzept mit den übergeordneten Fachbehörden abgestimmt. Nach der erfolgten Bewilligung der beantragten Fördermittel kann nun mit der Sanierung begonnen werden.

Durchgeführte Untersuchungen
Insgesamt wurden im Rahmen der vorstehenden Untersuchungen 110 Rammkernbohrungen und 66 Oberbodenprobenahmen durchgeführt. Des weiteren wurden 44 Bodenluftmeßstellen und 16 Grundwasserüberwachungsbrunnen errichtet und mehrfach beprobt. Zusätzlich wurden Vegetationsuntersuchungen (Brombeeren, Weidegras), Tierkörperuntersuchungen (Schafleber) und Baggerschürfe durchgeführt. Die Ergebnisse werden nachfolgend dargestellt.

Der Altstandort kann aufgrund seiner vielschichtigen Nutzungshistorie in 4 Teilbereiche gegliedert werden.
• Ehemalige Chemische Fabrik Albert
• Ehemalige Chemische Fabrik Wolf - TNT-Fabrikation
• Ehemalige Chemische Fabrik Wolf - Säurefabrikation
• Deponie Rheindamm

Ehemalige Chemische Fabrik Albert:
Die ehemalige Chemische Fabrik Albert umfaßt den nördlichen Teil des Altstandortes. Hier wurden von 1910 bis 1964 aus Metallabfällen Nickel, Blei und insbesondere Kupfer zurückgewonnen. Aus den gewonnenen Schwermetallen wurden vor allem schwefelhaltige Produkte wie Kupfervitriol und Kurtakol (Pflanzenschutzmittel) hergestellt. Des weiteren ist die Produktion von Gelbkali (Eisencyanid) belegt. 1966 wurde das Gelände durch die Stadt Neuss erworben und 1968 die Gebäude abgebrochen und das Gelände eingeebnet.

Im Bereich der ehemaligen chemischen Fabrik Albert wurden großflächig Oberbodenbelastungen durch Schwermetalle festgestellt (Kupfer max. 16.900 mg/kg, Blei max. 6.200 mg/kg), die im Hinblick auf eine Gefährdung des Menschen über den Direktkontakt zum Boden durch eine Abdeckung mit 35 cm sauberem Mutterboden gesichert werden. Eine Gefährdung des Grundwassers ist aufgrund der festen Bindung der Schadstoffe im Boden nicht gegeben. Die abzudeckende Fläche verteilt sich auf 4 Bereiche mit insgesamt 23.000 m².
 
Ehemalige Chemische Fabrik Wolf
Seit 1906 wurde im Bereich der ehemaligen chemischen Fabrik Wolf der Sprengstoff TNT produziert. Zur Herstellung der Grundstoffe für TNT befanden sich auf dem Gelände neben der eigentlichen TNT-Produktionsstätte zusätzlich eine Schwefel- und Salpetersäurefabrikation sowie eine Benzoldestillation. Über die Fortführung der Produktion nach dem I. Weltkrieg liegen keine Angaben vor. Im II. Weltkrieg wurden die Fabrikgebäude durch Luftangriffe stark beschädigt. 1955 wurde das Gelände von der Stadt Neuss erworben und die noch vorhandenen Gebäude 1956 eingeebnet.

Ehemalige Chemische Fabrik Wolf-TNT-Fabrikation:
Im Oberboden der ehemaligen chemischen Fabrik Wolf-TNT-Fabrikation wurden großflächig Oberbodenbelastungen durch Nitroaromaten (Bestandteil von TNT) festgestellt (Summe Nitroaromaten max. 10.060 mg/kg), die durch eine Abdeckung mit 35 cm sauberem Mutterboden gesichert werden. Die abzudeckende Fläche beträgt 15.000 m².

Des weiteren wurde in der Nähe des ehemaligen TNT-Waschhauses eine tiefreichende Verunreinigung durch Nitroaromaten ermittelt (Hauptschadensbereich), die zu einer Verunreinigung des Grundwassers geführt hat (Summe Nitroaromaten max. 23.600 µg/l). Im Hauptschadensbereich müssen 3.000 to verunreinigter Boden bis zu einer Tiefe von 7,5 m ausgehoben und entsorgt werden. Der Hauptschadensbereich umfaßt eine relativ kleine Fläche von 225 m².

Ehemalige Chemische Fabrik Wolf-Säurefabrikation:
Im Bereich der ehemaligen chemischen Fabrik Wolf-Säurefabrikation wurden großflächig Oberbodenbelastungen durch Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe festgestellt (Benz(a)pyren max. 20,4 mg/kg), die im Hinblick auf eine Gefährdung des Menschen über den Direktkontakt zum Boden durch eine Abdeckung mit 35 cm sauberem Mutterboden gesichert werden. Eine Gefährdung des Grundwassers ist aufgrund der festen Bindung der Schadstoffe im Boden nicht zu besorgen. Die abzudeckende Fläche beträgt 15.000 m².

 

Deponie Rheindamm:
Hierbei handelt es sich um eine Geländevertiefung, die von 1970-72 mit Gewerbeabfällen verfüllt wurde. Im Auffüllungsmaterial der Deponie Rheindamm wurden ebenfalls erhöhte Schwermetallgehalte festgestellt. Durch die feste Bindung der Schadstoffe im Boden und die vorhandene Überdeckung ist eine Gefährdung des Menschen oder des Grundwassers nicht zu besorgen. Es besteht kein Sanierungsbedarf.

Sanierungskonzept
Die Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung und Sanierung des Geländes wurden in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Sonderordnungsbehörden des Kreises Neuss (Amt für Umweltschutz) und des Staatlichen Umweltamtes durchgeführt. Das hierbei gemeinsam entwickelte Sanierungskonzept kann wie folgt zusammengefaßt werden.
1. Sanierung des Hauptschadensbereiches (Nitroaromaten) im Bereich der TNT-Fabrikation-Wolf (225 m²) mittels Bodenaustausch (3.000 to).
2. Abdeckung der Oberbodenbelastungen (Nitroaromaten) im Bereich der TNT-Fabrikation-Wolf durch eine 35 cm mächtige Schicht aus Mutterboden (15.000 m²)
3. Abdeckung der Oberbodenbelastungen (Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe) im Bereich der Säurefabrikation-Wolf durch eine 35 cm mächtige Schicht aus Mutterboden (15.000 m²)
4. Abdeckung der Oberbodenbelastungen (Schwermetalle) im Bereich der ehemaligen Fabrik Albert durch eine 35 cm mächtige Schicht aus Mutterboden (23.000 m²).


Gesamtkosten - Finanzierung
Die Kosten für eine Gesamtsanierung des Geländes wurden im Jahr 1996 auf 3,750 Mio. DM geschätzt und entsprechende Mittel im Haushalt eingestellt. Durch die weiteren Untersuchungen im Zuge der Sanierungsuntersuchung konnten die Gesamtkosten auf 1,9 Mio. DM reduziert werden. Für die Sanierungsmaßnahme wird seitens des Landes NRW eine Förderung in Höhe von 80% gewährt.

Sanierungsplan
Nach dem neuen Bundesbodenschutzgesetz sind für umfangreiche und komplexe Sanierungen sogenannte Sanierungspläne für verbindlich zu erklären. Hierbei muß der Sanierungspflichtige (Stadt Neuss) die Art und den Ablauf der Sanierung ausführlich darstellen und die Auswirkungen auf Dritte darlegen. Der Kreis Neuss hat nach Durchführung einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange den Sanierungsplan für die jetzige Sanierung für verbindlich erklärt.

Obwohl das Sanierungsgelände keiner besonderen Nutzung unterliegt und das nähere Umfeld nur dünn besiedelt ist, sind auch bei dieser Maßnahme besondere Vorgaben aus dem Bereich des Landschafts- und Hochwasserschutzes zu beachten:
Zum Schutze der Pflanzen- und Tierwelt können die Sanierungsarbeiten erst ab Oktober beginnen. Doch bereits im Monat November ist mit den ersten Rheinhochwässern zu rechnen, die zur Einstellung der Tiefbauarbeiten des in der Deichschutzzone liegenden Hauptschadensbereichs führen können.

Des weiteren soll in Absprache mit der Landschaftsbehörde des Kreises Neuss und dem Landschaftsbeirat nach der Sanierung eine rasche Wiederherstellung des derzeitigen ökologischen Zustandes erreicht werden. So wurden von seiten der Landschaftsbehörde besondere Vorgaben für die Art des Abdeckungsmaterials (Magerböden) und die Wiedereinsaat mit ortsnahem, bodenständigen Saatgut erteilt.

Zeitplan
Die Auskofferungsarbeiten im Hauptschadensbereich sollen im November 2000 abgeschlossen werden. Bis zum März 2001 werden die Bodenabdeckungsarbeiten andauern. Im April 2001 soll die Sanierung beendet werden.