07.11.2001 - Tannenduft und Lichterglanz

Kein Fest zieht uns so in seinen Bann, wie das Weihnachtsfest. Besonders seit dem es durch das Bürgertum ...

...im 18. und 19. Jahrhundert zu einem Familienfest wurde, entwickelte sich eine reiche Ausgestaltung der Weihnachtsfeier. „Tannenduft und Lichterglanz – historischer Christbaumschmuck aus drei Jahrhunderten“ ist der Titel einer großen Ausstellung im Clemens-Sels-Museum. Auf über 500 Quadratmeter werden vom 8. November 2001 bis zum 6. Januar 2002 fast 21-tausend Objekte zu sehen sein. Von ge¬schmückten Weihnachtsbäumen, darunter auch Tannen, erfahren wir durch Bräuche der Hand¬werkszünfte. Der früheste Beleg stammt aus dem 15. Jahrhundert aus Freiburg. Im 16. Jahrhundert erhalten wir dann weitere Nachrichten aus Türkheim im Elsaß, Bremen, Basel und Schlettstadt. Im 17. Jahrhundert scheint dann dieser Brauch die Zunftstuben verlassen zu haben. Denn 1605 wird aus Straßburg berichtet, dass man hier in den Wohnstuben „Dannenbäum“ mit Äpfeln, Zischgold und Oblaten zur Weihnachtszeit aufstellte. Das Schmücken des Baumes mit Lichtern wurde erst im 17. und 18. Jahrhundert üblich. Zunächst war der hergerichtete Christbaum vornehmlich beim Adel und dem Bildungsbürgertum bekannt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts konnte man Weihnachtsbäume  – mit einigen regionalen Ausnahmen - in allen bügerlichen Wohnstuben finden. Interessanterweise wurden Bäume zuerst in evangelischen und mit einer zeitliche Verzögerung in katholischen Familien aufgestellt. Für die zögerliche Übernahme war wohl die von protestantischer Seite neu geprägte Weihnachtsfeier ausschlaggebend. Die Reformatoren richteten sich gegen die traditionellen Krippen- und Hirtenspiele. Stattdessen traten sie für eine vom Wort geprägte Feier ein, die eine häusliche Weihnachtsfeier entstehen ließ und eine frühe Übernahme des geschmückten Tannenbaumes begünstigte.

Die Bürger schenkten dem Weihnachtsbaum zu Beginn des 19. Jahrhunderts immer mehr Aufmerksamkeit. Von Mal zu Mal reicher verziert, rückte er nun in den Mittelpunkt der häuslichen Familienfeier. Das wundert nicht, denn gerade in der Biedermeierzeit gewannen die familiären Beziehungen an Bedeutung. Weihnachten wurde deshalb als Fest der Familie zelebriert und aufwändig gestaltet. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Lieder über den Christbaum.

Im Clemens-Sels-Museum sind 29 Bäume mit dem historischen Schmuck der jeweiligen Epoche zu sehen. Die Stilrichtungen reichen vom Biedermeier bis zu den Formen der Jahrtausendwende unserer Zeit. In biedermeierlicher Zeit war wie in den Epochen zuvor hauptsächlich der essbare Schmuck gebräuchlich. Dazu gehörten Äpfel, Oblaten, Gebäck und andere Süßigkeiten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Bäume dann prächtig mit gläsernen Kugeln, kleinen Kunstwerken aus Watte und Papier behangen. Um 1900 war eher Zurückhaltung angesagt. Der Jugendstil Baum sollte mehr eine Winterimpression sein. Dies erreichte man mit weißen Kerzen, gläsernen Eiszapfen, Schneeimitationen und Lametta. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts kamen dann einfach gestaltete farb¬lose oder bunte Kugeln auf. Typisch für den Art deco Baum waren auch die neu aufgekommenen Glastiere. Selbstverständlich fehlen nicht in der Präsentation der für die beiden Weltkriege typische Schmuck, der ein Spiegel der Kriegspropaganda und des Nationalismus war. In den fünfziger Jahren entwickelte man keine neuen Schmuckformen. Allerdings kamen hier erstmals Christbaumschmuck aus Kunststoff auf. Die ausgestellten Bäume mit dem Schmuck der folgenden Jahrzehnte belegen eindrucksvoll, dass nichts sicherer ist als der Wandel. Denn in der Tat lösten sich gerade in den letzten 40 Jahren die Moden beim Christbaumschmuck in rascher Folge einander ab. Darüber hinaus wird aber auch das „schmückende Beiwerk“ wie Krippen, Nikolaus-, Weihnachtsmann und Engelfiguren aus den verschiedenen Epochen gezeigt.

Die Ausstellung konnte mit Hilfe von zwei bedeutenden Privatsammlungen realisiert werden, die es ermöglichen, die umfassendste Schau zum Christbaumschmuck in Nordrhein-Westfalen im Clemens-Sels-Museum zu präsentieren. Pas¬send zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches museums-pädagogisches Begleitprogramm. Dabei können die jungen Besucher sowohl die Entwicklung der Schmuck- und Geschenkkultur für sich entdecken als auch unter fachkundiger Anleitung alte und neue Ideen für Weihnachtsbasteleien ausprobieren. Für Liebhaber von kunsthandwerklichem Christbaumschmuck ersten Ranges bietet das Museum am 8. und 9. Dezember 2001 etwas ganz Besonderes. An die¬sen beiden Tagen führt der Kunstglasbläser Greiner-Petter aus Lauscha/Thüringen sein Können vor und erläutert die Herstellungstechniken der in bester handwerklicher Tradition hergestellten Stücke. Der umfangreiche farbige Katalog zur Ausstellung kann auch über das Clemens-Sels-Museum be¬stellt werden. Mehr Informationen gibt es im Clemens-Sels-Museum Neuss, Am Obertor, Neuss, Telefon 02131 / 904134.*