04.08.2005 - Waldläufer, Holzfäller und Waldbauern: Steinzeitfunde im Clemens-Sels-Museum
Neuss (PN/kl). Etwa 9.000 Jahre alte Funde aus Neuss und Grevenbroich sind derzeit im Foyer des Clemens-Sels-Museums zu sehen.
Die Feuersteinwerkzeuge aus der Mittel- und der Jungsteinzeit stammen aus Privatbesitz und werden nur für wenige Wochen der Öffentlichkeit präsentiert.Vor etwa 10.000 Jahren endete die letzte Eiszeit. Ein abrupter Klimawandel hatte die mächtigen Eisschichten auf dem Land innerhalb kurzer Zeit schmelzen lassen. In der baumleeren Tundra breiteten sich von Süden her die ersten Wälder aus. Die seit den Zeiten des Neandertalers im Rheinland ansässigen Menschen wussten sich an die neuen Umweltbedingungen anzupassen. Wie die Indianer an der amerikanischen Nordwestküste, bestritten auch die Ur-Neusser ihren Lebensunterhalt in den endlosen Wäldern mit dem Sammeln von Pflanzen, der Fischerei und der Jagd auf Kleinwild. Ihre Lagerplätze an den Ufern von Erft, Hummelbach und Norfbach sind auch heute noch, nach über 8.000 Jahren, gut aufzuspüren. Die Menschen campierten hier auf der Jagd nach Wildvögeln und Fischen, zerlegten die erbeuteten Tiere, bereiteten auf Lagerfeuern ihre Mahlzeiten zu und schlugen Messer, Pfeilspitzen, Kratzer und Stichel aus Feuerstein. Den Müll ließen sie - glücklicherweise - an Ort und Stelle. Aus ihm stammen nämlich die Werkzeuge und Abschläge, die nun im Museum zu sehen sind.Um 5.500 v.Chr. erfasste eine tiefgreifende zivilisatorische Revolution das Rheinland: Vor allem auf den fruchtbaren Lößböden breitete sich die im Vorderen Orient „erfundene“ Landwirtschaft aus. Die Bauern der Jungsteinzeit bauten Getreide an und züchteten Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine. Um Felder anlegen zu können, mussten die dichten Wäldern gerodet werden. Aus Feuersteinen, die in den Bergwerken im belgisch-niederländischen Grenzgebiet um Maastricht und bei Aachen gewonnen wurden, stellten die Steinzeitmenschen fein geschliffene Beilklingen her, mit denen man in kurzer Zeit auch mächtige Bäume fällen konnte. Funde von Steinbeilen aus Neuss-Weckhoven und Grevenbroich-Barrenstein sind im Museumsfoyer zu sehen. Die meisten von ihnen wurden weit außerhalb der Siedlungen gefunden; viele sind zerbrochen oder weisen gravierende Beschädigungen auf. Offensichtlich waren sie bei Holzfällarbeiten im Wald unbrauchbar geworden und daraufhin weggeworfen worden. Das im Wald geschlagene Bauholz verarbeitete man zumeist vor Ort weiter, um sich so den mühsamen Transport ganzer Baustämme in die Siedlungen zu ersparen. Grobe Bohrer und auch große Klingenkratzer, die in der Nähe der Beile gefunden wurden, zeugen von den an den Holzschlageplätzen durchgeführten Zimmerarbeiten.Die reichhaltige Urgeschichte des Neusser Raums soll in Zukunft mehr Gewicht in den archäologischen Ausstellungen des Clemens-Sels-Museum bekommen. Eine dauerhafte Präsentation im Museum scheiterte bislang an den begrenzten räumlichen Möglichkeiten im Deilmann-Bau. Mit dem geplanten Museumsanbau wird sich dies ändern, denn dann sollen erstmals in Neuss Funde von der Altsteinzeit bis zu spätkeltischen Zeit auf Dauer ausgestellt werden.
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