29.12.2005 - 60 Jahre Kriegsende - Ein Jahresrückblick

Neuss (PN/Fi). Das Jahr 2005 stand in den Medien und der Öffentlichkeit im Zeichen der 60. Wiederkehr des Endes des Zweiten Weltkrieges.

Das Stadtarchiv hat sich am Gedenken an dieses Jubiläum auf vielfältige Weise beteiligt und zur weiteren Aufarbeitung der Geschichte des Kriegsendes in Neuss beigetragen. Schon am Ende des vergangenen Jahres startete das Stadtarchiv einen Aufruf an Augenzeugen des Geschehens in Neuss 1945 und bat um Erinnerungsberichte. Unmittelbaren Anlass für den Aufruf bot der 60. Jahrestag des schweren Luftangriffs an Silvester 1944, bei dem das Renaissance-Rathaus dem Erdboden gleichgemacht wurde, das seit 1635 das Bild des Neusser Marktes geprägt hatte. Vielen Neusserinnen und Neussern ist dieses Ereignis noch heute präsent. In den folgenden Wochen und Monaten meldeten sich viele Bürger mit ihren Berichten, zum Teil auch mit Fotos, beim Stadtarchiv. Jeder Bericht schildert ganz persönliche Erlebnisse während des Bombenkrieges, vom ersten Kontakt mit den amerikanischen Soldaten und von der schweren Zeit danach, die geprägt war vom Mangel an allem Lebensnotwendigen. Aus vielen Erinnerungen spricht aber auch das Aufatmen darüber, dass nun „alles vorbei“ war, und die Lebensfreude und der Optimismus werden wieder lebendig, mit dem die Menschen sich damals an den Neuanfang machten. Die Berichte ergänzen nun die Sammlung von Zeitzeugenberichten im Stadtarchiv. Mit einigen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen führte die verantwortliche Mitarbeiterin, Frau Dr. Annekatrin Schaller, Interviews, die – in Papierform gebracht – ebenfalls in die Sammlung übergehen.Zeitzeugenberichte standen auch im Mittelpunkt der Veranstaltung am 3. Mai 2005, die Stadtarchiv, Volkshochschule und Stadtbibliothek gemeinsam zum Jahrestag des Kriegsendes in den Räumen der Stadtbibliothek organisiert hatten. Nichtzuletzt Ergebnisse des Zeitzeugenaufrufs bildeten die Grundlage für den Vortrag von Dr. Annekatrin Schaller über das Kriegsende in Neuss. Die anschließende Podiumsdiskussion ließ dann die Zeitzeugen selbst zu Wort kommen. Ein weiteres Mal widmete sich der Historische Abend der Heimatfreunde im September dem Thema, bei dem Dr. Helmut Gilliam, Dr. Annekatrin Schaller, Dr. Heinz Günther Hüsch und Carsten Greiwe das Kriegsende im Spiegel sowohl von Akten- und Bildmaterial als auch der Zeitzeugenberichte darstellten.Rückblickend auf das vergangene Jahr ist das Stadtarchiv sehr froh über die zahlreichen Berichte und Bildquellen von Neusserinnen und Neussern zum Kriegsende, mit denen die Sammlungen bereichert werden konnten und bedankt sich herzlich bei allen, die sich beteiligt haben. Als Ergänzung zu den Quellen der Stadtverwaltung ist die Bedeutung dieser sogenannten „oral history“ nicht hoch genug einzuschätzen. Auf der Grundlage der Berichte und Interviews sowie weiterer Quellen plant das Stadtarchiv für das kommende Jahr eine weitere Dokumentation über das Kriegsende in Neuss. Nach dem Willen des Kulturauschusses soll es insbesondere aus dem Blickwinkel der Frauen betrachtet werden. Jede Neusser Frau sah sich Herausforderungen gegenüber, für die es galt, unter schwierigsten Umständen Lösungen zu finden: die vom Krieg zerrissenen Familien, die katastrophale Wohnungssituation, die schlechte Versorgung mit Lebensmitteln, Heizmaterial und allen Konsumgütern. Dieser Aspekt der unmittelbaren Nachkriegszeit ist bisher nur bedingt aufgearbeitet. Daher bittet das Stadtarchiv noch einmal um Mitarbeit: Zeitzeuginnen und auch Zeitzeugen sind aufgefordert, sich mit Berichten über ihre Erlebnisse in der Nachkriegszeit zu melden. Insbesondere Aspekte des täglichen Lebens, zum Beispiel die Beteiligung an der Trümmerräumung, sind dabei von großem Interesse. Weitere Informationen gibt es im Stadtarchiv Neuss, bei Dr. Annekatrin Schaller unter der Telefonnummer 02131-904253.

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