19.03.2007 - Das 17. Shakespeare-Festival Neuss | Ein einziger Sommernachtstraum

Neuss (PN/Fi). Mit einer Erstaufführung, vier Deutschlandpremieren und weiteren NRW-Premieren bietet das 17. Neusser Shakespeare-Festival 2007 einen ganzen Sommermonat lang einen bedeutenden Querschnitt aus William Shakespeares Schaffen und dazu ergänzend einige herausragende Ereignisse des Sprech- oder Musiktheaters.

Zur Eröffnung kommt am 2. Juni 2007 The Watermill Propeller Production aus Newbury gleich mit zwei Deutschlandpremieren ins Neusser Globe: nachmittags mit Der Widerspenstigen Zähmung und abends mit Was Ihr Wollt. Regisseur Edward Halls sensationelle Inszenierungen haben in diesen beiden Aufführungen einen Grad an Komplexität, an Reife und Erfüllung gewonnen, dass das Zuschauerglück perfekt ist. Drei Wochen lang gab es im Londoner Old Vic jeden Abend stehende Ovationen. Unglaublich zu sehen, wie derselbe Mann in der „Zähmung“ den brutalen Petrucchio spielt und dann am Abend die melancholische Gräfin Olivia.

Nachdem sich im vergangenen Jahr die New Yorker Aquila Theatre Company erstmals in Neuss vorgestellt hatte, meinte eine Kritikerin, das berühmte Ensemble habe nur einen Wunsch offen gelassen: „Man möchte sie wiedersehen”. Die Begeisterung blieb nicht unerhört: Dr. Rainer Wiertz, Kulturreferent der Stadt und verantwortlich für das Shakespeare-Festival, hat die Truppe für dieses Jahr wieder nach Neuss geholt. So bringt die Kompanie in diesem Jahr in einer Deutschlandpremiere eine Inszenierung des Trauerspiels Romeo und Julia auf die Bühne. Dies wird in jeder Hinsicht ein Wunschprogramm, da die Zuschauer vor Beginn der Aufführung festlegen dürfen, welcher Schauspieler welche Rolle spielen soll. Damit wird jeder Abend ein unverwechselbares Ereignis...

„Sein oder Nicht-Sein?” Eine Antwort auf die vermutlich berühmteste Frage der gesamten Schauspielliteratur wird auch die Hamlet-Produktion des Rheinischen Landestheaters Neuss nicht geben. Denn schließlich findet der Dänenprinz keine Deckung vor den „Pfeil’n und Schleudern des wütenden Geschicks”, ob er sie nun erdulden oder dagegen mit Gewalt vorgehen soll: Den Mord am Vater rächen, die Erwartungen erfüllen, die Spielregeln brechen? In jedem Fall aber werden die Zuschauer wieder einmal Zeugen jener faszinierenden Be¬schreibung innerer Kämpfe, die Methode haben, auch wenn sie Tollheit sein mögen. Das Rheinische Landestheater ist dann nochmal gemeinsam mit dem Metamorphosis Ensemble, der Capella Piccola und der Kunsthochschule für Medien in Köln an einer weiteren wunderbaren Facette der elisabethanischen Kunst beteiligt. Fürs Globe entsteht ein King Arthur, neben der „Fairy Queen“ eine der berühmtesten Semi-Opern von Henry Purcell (1659-1695). In ihrer Kombination von gesprochenem Schauspiel und erfindungsreicher Musik wird sie nicht nur die Freunde Shakespeares, sondern auch die Liebhaber frühbarocker Musikdramen in ihren Bann ziehen.

Die bremer shakespeare company bringt gleich vier Stücke, davon drei NRW-Premieren mit ins Globe. Zunächst eine aktu¬elle Macbeth-Inszenierung, das berühmt-berüchtigte Drama um düstere Machtgelüste, Zerstörungswut, Aberglauben, Hörigkeit und Vernichtung aus dem Schottland des 11. Jahrhunderts. Ferner gibt das brillante Ensemble aus der Hansestadt Das Wintermärchen, eine der späten Komödien des Barden, sowie die Shakespeare-Adaption Ein Königreich für einen Ball des Regisseurs und Dribbelkünstlers Jörg Steinberg und als surrealistisch-absurden Kontrapunkt Samuel Becketts Warten auf Godot.

Die inzwischen bereits traditionelle „Lecture” von Patrick Spottiswoode über Shakespeare wird auch in diesem Jahr stattfinden. Und natürlich kommt es wieder zu einer Begegnung zwischen Menschen und Feen: Ein sommerliches Shakespeare-Festival ohne Oberon, Titania, Helena, Lysander, Zettel, Squenz und Puck wäre gewiss kein Sommernachtstraum. Aufgeführt wird das zauberhafte, quasi romantische Stück von dem ungarischen Schlosstheater aus Gyúla in Kooperation mit dem Neuen Theater Budapest.

Einen Sommernachtstraum für vier Hände und einen einzigen Schauspieler präsentieren Klaus Maria Brandauer und das GrauSchumacher Piano Duo am Flügel. Brandauer selbst schlüpft im Verlauf des Stücks mit der größten Selbstverständlichkeit in sämtliche Rollen, während Andreas Grau und Götz Schumacher am Flügel das Ihre dazu beitragen. Es erklingt die Musik Mendelssohns, die mehr als 200 Jahre nach dem Tod Shakespeares, inspiriert durch die Schlegel-Tiecksche Übersetzung, entstanden ist und zu den berühmtesten und beliebtesten Shakespeare-Vertonungen zählt. Mendelssohn schuf die vierhändige Klavierfassung und liefert der pianistischen Finesse von Andreas Grau und Götz Schumacher die rechte Vorlage. Klaus Maria Brandauer, der sich für dieses Gastspiel einen Tag mitten in Filmaufnahmen freischaufeln konnte, geht mit seiner virtuosen Sprachkraft eine Verbindung mit der Musik ein, die Shakespeares spektakuläre mythische Welten plastisch vor un¬seren Augen erstehen lässt.

Ein weiterer virtuoser Glanzpunkt kommt aus Österreich, genauer von der Theaterachse Salzburg, die mit ihrem Auftritt zum zweiten Mal an den Rhein kommt: Sämtliche Werke Shakespeares (leicht gekürzt) gehen in einer tour de force an einem Abend über die Bühne – und ganz zum Schluss Hamlet einmal rückwärts. Die Künstler vollbringen in knapp zweieinhalb Stunden eine kaleidoskopische Höchstleistung, bei der nicht nur ausgesprochene Kenner auf ihre Kosten kommen.
Zum Abschluss des Festivals vom 28. bis 30. Juni heißt es: Was ihr wollt. Shakespeare wusste das auf jeden Fall und schrieb mit dieser Komödie einen ganz besonderen Leckerbissen über Moral, Liebesverwirrung, Hochmut, Ehrgeiz, Trunksucht und Verblendung. Regisseur Norbert Kentrup und Dramaturgin Vanessa Schormann begeisterten im letzten Jahr bereits mit ihrer erstklassigen Schauspiel-Truppe SHAKES¬PEARE und PARTNER in Neuss. Dieses Jahr kommen sie direkt aus Hamburg mit einer Koproduktion mit dem Altonaer Theater Hamburg und Theaterhof Priessenthal und setzen den glanzvollen Schlusspunkt – mit Martin Lüttge (bekannt als Opa im Forsthaus Falkenau) als Malvolio.

Der Kartenvorverkauf beginnt am Samstag, 24. März 2007, bei der Tourist Information in Neuss und bei allen weiteren an das NRW-Ticket-System angeschlossenen Vorverkaufsstellen. Eintrittskarten und das vollständige Programm gibt es auch unter www.shakespearefestival.de im Internet. *