22.06.2007 - Flatrate-Parties - Alkohol und Discobesuch sind die großen Jugendschutzprobleme | Jugendamt, Ordnungsamt und Dehoga gemeinsam gegen Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen

Neuss (PN/Fi). Jugendamt, Ordnungsamt und der Deutsche Hotel und Gaststättenverband (Dehoga)-Nordrhein arbeiten gemeinsam gegen Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen. Alle Beteiligten appellieren an Unternehmer, auf so genannt Flatrate-Partys zu verzichten.

Bei diesen Veranstaltungen können Besucher gegen einen Fixpreis soviel Alkohol Trinken wie sie wollen. "Jugendschutz muss oberste Priorität haben", sind sich Jugendamt, Ordnungsamt und Gaststättenverband einig. Bei Jugendschutzkontrollen werden am häufigsten Verstöße gegen die Bestimmungen zur Alkoholabgabe an Jugendliche und zum Aufenthalt der Jugendlichen in Discos festgestellt. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz bei den kommunalen Jugendämtern und Ordnungsämtern in NRW. Häufig würde Alkohol an Jugendliche abgegeben, Verstöße gegen die Vorschriften zum Aufenthalt in Diskotheken beobachten 47 Prozent der Umfrageteilnehmer. Regelmäßig müssen Bußgelder verhängt werden. Neben dem Bereich der Ahndung, misst die Stadt Neuss gerade der Prävention große Bedeutung zu. Dazu nahmen letzte Woche Mitarbeiter der Stadt an einer Fachkonferenz Jugendschutz in Dortmund teil, um sich dort mit anderen Ordnungs- und Jugendämtern auszutauschen und Möglichkeiten zur Verbesserung des Jugendschutzes zu erörtern.In Neuss gibt es neben weit über 100 Gaststätten derzeit auch sechs Diskotheken. Mit den Betreiberinnen und Betreibern dieser Unternehmen besteht regelmäßig enger Kontakt und Austausch. Die Bereitschaft, ungeachtet der wirtschaftlichen Interessen, in Absprache mit dem Ordnungsamt, der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen ein besonderes Augenmerk zu widmen, ist erfreulicher Weise stark ausgeprägt. Dennoch werden gemeinsam mit der Polizei immer wieder Kontrollen in den Gastronomiebetrieben durchgeführt. Die zahlreichen Gespräche, die durchgeführten Kontrollen und umgehende empfindliche Ahndung der in Neuss - bislang erfreulich seltenen - Verstöße erweisen sich als Erfolg versprechendes Konzept, sodass keine nennenswerten Vorfälle verzeichnet sind.Wichtig ist jedoch, dass Schutz vor Alkoholmissbrauch im eigenen Elternhaus anfängt. Im Rahmen ihrer Erziehungshoheit ist es Aufgabe der Eltern durch geeignete Regeln, erzieherische Maßnahmen und ausreichende Aufklärung des Nachwuchses über die Gefahren des Alkohols die eigenen Kinder zu schützen. Der eigene verantwortungsbewusste Umgang mit alkoholischen Getränken und die daraus resultierende Vorbildfunktion sind wichtig und sollten auf gar keinen Fall unterschätzt werden. Dies gilt auch für Lehrer, Ausbilder und Trainer in Vereinen. Sie müssen sich ebenfalls ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und Kindern und Jugendlichen einen verantwortlichen Umgang mit Alkohol vermitteln.Nach dem dramatische Tod eines sechzehnjährigen Jungen in Berlin, der nach übermäßigem Verzehr scharfer Alkoholika ins Koma fiel und kurz darauf verstarb, bekam die Diskussion um so genannte „Flatrate-Parties“ in Politik und Öffentlichkeit neuen Aufschwung. Dabei sind diese Veranstaltungsformen nicht neu und sind längst Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Prüfung geworden.In der Öffentlichkeit wird der Schutz der Kinder und Jugendlichen durch die öffentliche Hand übernommen. Hierfür sind die gesetzlichen Grundlagen bereits in ausreichender Form durch das Jugendschutzgesetz und das Gaststättengesetz gegeben. So ist Kindern und Jugendlichen unter sechzehn Jahren ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person der Aufenthalt in Gaststätten verboten. Ab der Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs ist der Besuch bis 24 Uhr erlaubt. Die Abgabe "scharfer", also branntweinhaltiger, Alkoholika an Jugendliche ist untersagt. Verstöße hiergegen können mit Bußgeldern bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Das Verbot richtet sich nicht nur an Gewerbetreibende. Auch die volljährige Begleitung, die einem Minderjährigen verbotene Alkoholika besorgt, muss mit einem Bußgeld rechnen.Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Betriebskonzept, das die Abgabe von Getränken gegen einen Fixbetrag vorsieht, grundsätzlich zulässig. Das wirtschaftliche Interesse des Gastronomen an möglichst geringem Wareneinsatz und nicht zuletzt das im Gaststättengesetz normierte Verbot der Abgabe alkoholischer Getränke an erkennbar Betrunkene werden als ausreichender Schutz des Gastes angesehen. Erst wenn das Veranstaltungskonzept auf den übermäßigen Verzehr von Alkohol bis hin zur Aufforderung zum Alkoholmissbrauch ausgerichtet ist wie bei Koma-Partys oder Blasehase-Partys (der Gast mit dem höchsten gemessenen Atemalkoholanteil erhält einen Preis), erlaubt dies ein rechtliches Einschreiten der Behörde. In konzessionierten Betrieben können derartige Veranstaltungen verboten werden. Werden solche Veranstaltungen trotzdem durchgeführt, so kann dies für den Wirt den Verlust der Konzession bedeuten.Für Einzelveranstaltungen außerhalb konzessionierter Betriebe kann die erforderliche Erlaubnis abgelehnt und die Durchführung der Veranstaltung unterbunden werden. Erhält die Behörde erst nach Erteilung der Erlaubnis Kenntnis vom unzulässigen Konzept der Veranstaltung, so ist der sofortige Widerruf der Erlaubnis die Folge. Je nach Veranstaltungskonzept könnten Veranstaltungs- und Gastronomieräume auf Grundlage des Jugendschutzgesetzes als jugendgefährdender Ort eingestuft werden. Dies hätte zur Folge, dass der Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen auch in Begleitung personensorgeberechtigter Personen nicht erlaubt ist. Eine derartige Maßnahme bedürfte jedoch eines ausreichend begründeten Anlasses.

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