16.02.2011 - Jüdische Kulturtage NRW 2011 Vorstellung Neusser Programm

In Neuss finden von Mitte Februar bis 13. April 2011 insgesamt 15 Veranstaltungen im Rahmen der Jüdischen Kulturtage in NRW statt.

Kulturdezernentin Dr. Christiane Zangs stellte jetzt das Programm gemeinsam mit dem Leiter der Neusser Stadtbibliothek, Dr. Alwin Müller-Jerina, und der Projektkoordinatorin Ursel Hebben vor. Es umfasst nahezu alle Kultursparten: klassische und moderne Musik, Autorenlesungen und Vorträge, historische Führungen durch Neuss und Köln, ein Besuch der Alten Synagoge in Essen und eine Filmreihe. Selbst der Wein als Kulturgut wird bei einer Degustation israelischer Weine gewürdigt. „Ich bin sehr froh und stolz, dass sich die Stadt Neuss zum mittlerweile dritten Mal an den Jüdischen Kulturtagen beteiligt. Sie gewähren breit gefächerte Einblicke in jüdisches Leben heute – und das insbesondere auch für die Bürger unserer Stadt, denen jüdische Kultur und deren wechselvolle, lokale Geschichte noch nicht so vertraut ist“, sagt Dr. Christiane Zangs. Mitbeteiligt sind Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Volkshochschule, Kulturamt, Kulturforum Alte Post, die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Neuss. Durch die Einbeziehung des Neusser Nelly-Sachs-Gymnasiums werden zudem auch Kinder und Jugendliche angesprochen. 

Den Auftakt in Neuss bildet – im Vorfeld des offiziellen NRW-Starts – am 14. Februar die Ausstellung „Menschen – Steine – Migrationen Gegenwart und Vergangenheit jüdischen Lebens im Rheinland und in Westfalen“ in der Stadtbibliothek. Der Historiker Thomas Ridder führt interessante Eindrücke von 110 Jahren jüdischen Lebens in Rheinland und in Westfalen zusammen. Wo liegen die Wurzeln der Juden in diesem Bundesland, was machte jüdisches Leben aus? Beispiele aus allen Regionen und Lebensbereichen geben einen Anreiz, selbst vor Ort nachzuschauen. Dies lässt sich dann bei einer Veranstaltung des Stadtarchivs realisieren: Am 28. März begibt sich eine Führung auf die Spuren jüdischen Lebens in Neuss. 1933 lebten in Neuss 227 Mitbürger jüdischen Glaubens. In der Folgezeit wanderten 49 Menschen aus, die zurückbleibenden wurden deportiert und ermordet. Im November 1942 gab es keine Juden mehr in Neuss. Nach dem II. Weltkrieg wuchs die jüdische Gemeinde in Neuss wieder – vor allem durch den Zuzug von Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion. Heute gibt es ein reges Gemeindeleben und bald auch ein Gemeindezentrum, in der Leostraße. Nur wenige offensichtliche Zeugnisse aus der Zeit vor der Verfolgung und Vernichtung sind im Stadtbild erhalten. Gleichwohl lassen sich eine Vielzahl von Spuren der Neusser Juden und ihrer kleinen Gemeinde entdecken.
Eines der ältesten Weinbauländer der Welt ist Israel, das mit gerade einmal 5.000 Hektar Anbaufläche zu den kleinen Produzenten gehört. Das Klima mit seinen heißen Tagen, kalten Nächten und der Trockenheit eignet sich hervorragend für edle Weine. Davon überzeugen kann man sich am 24. März bei einer Weinprobe in der Stadtbibliothek. „Wir werden verschiedene gute Tropfen probieren, unter anderem interessante Produkte von den Golanhöhen“, verspricht Projektkoordinatorin Ursel Hebben.  Eine geschlossene Veranstaltung für die Schüler der Klassen 7 und 8 findet am 28. März im Neusser Nelly-Sachs-Gymnasium statt. Der mehrfach ausgezeichnete Kölner Schriftsteller Manfred Theisen liest aus seinem Buch  „Checkpoint Jerusalem“. Anhand einer Liebesgeschichte stellt er hierin die Zusammenhänge des Nahost-Konfliktes dar, dessen Gewaltspirale immer noch undurchbrochen ist.  Einen weiteren literarischen Leckerbissen gibt es am 1. April in der Stadtbibliothek am Neumarkt. Der israelisch-österreichische Historiker und Schriftsteller Doron Rabinovici liest aus seinem Werk „Andernorts“: Herkunft, Identität und Heimat sind die großen Themen in diesem humorvollen Roman, der Szenen jüdischer Selbstwahrnehmung porträtiert und ironisiert. „Anderorts“ stand auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2010. Musikalisch bieten die jüdischen Kulturtage zwei Konzerte: Am 25. März gastiert in der Alten Post der „Whiskey-Rabbi“ Geoff Berner aus Kanada mit seiner Band. Das Trio spielt moderne, kontroverse „Klezmermusik“, die Instrumentalmusik der osteuropäischen Juden.

Liebhaber von Klassik sollten sich den 3. April notieren. Dann  spielt das Morgenstern-Trio Werke jüdischer Komponisten – wie zum Beispiel Leonard Bernstein oder Felix Mendelssohn Bar-tholdy – auf der Museumsinsel Hombroich. Den Abschluss des Neusser Beitrags zu den diesjährigen Jüdischen Kulturtagen macht am  13. April der Film „Alles auf Zucker!“ in der Stadtbibliothek. Dem schlitzohrigen Zocker Jaeckie Zucker steht das Wasser bis zum Hals. Seine letzte Hoffnung: das Erbe seiner Mutter. Doch die verlangt, dass Jaeckie sich mit seinem Bruder Samuel versöhnt, einem orthodoxen Juden. Dani Levys selbstironische Komödie ist eine politisch unkorrekte Familiengeschichte über das Jüdischsein im heutigen Deutschland, die mit bisweilen schwarzem Humor Vorurteile bekämpft. Der Film gewann fünf deutsche Filmpreise. Weitere Informationen und das komplette Programm gibt es auf der städtischen Homepage unter www.neuss.de.

"einblicke – jüdisches [er]leben" – so lautet das Motto der dies-jährigen Jüdischen Kulturtage, die, nach 1998, 2002 und 2007, inzwischen zum vierten Mal und nun in fast ganz Nordrhein-Westfalen stattfinden. 2011 wird ein regelrechter Kulturmarathon mit über 500 Veranstaltungen in 52 Städten, 14 beteiligten jüdischen Gemeinden, Institutionen der Landschaftsverbände des Rheinlandes und Westfalen-Lippe geboten.

Die Jüdischen Kulturtage in NRW 2011 sind ein gemeinsames Projekt der beteiligten 52 Städte – von denen 25 Mitveranstalter sind –, der drei Landesverbände der Jüdischen Gemeinden in NRW, der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe, des NRW KULTURsekretariats Wuppertal und des Kultursekretariats NRW Gütersloh. Vom 20. März bis zum 17. April 2011 finden mehr als 500 Veranstaltungen in den Bereichen Bildende Kunst/Ausstellungen, Film, Literatur, Musik undTanz/ Theater statt, einschließlich der vielfältigen Begegnungsprojekte aus den Jüdischen Gemeinden. Die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Dieter Graumann, haben die Schirmherrschaft für die Jüdischen Kul-turtage übernommen. Weitere Informationen zu allen Veranstaltungen gibt es im Gesamtprogrammheft und auf der Homepage unter www.juedische-kulturtage-nrw.de.
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