07.04.2020 - Wo lag der römische Hafen von Novaesium?

Neusser Beitrag zu internationalem Forschungsprojekt

Die Abschlusspublikation des Forschungsprojektes „Der Rhein als europäische Verkehrsachse“ ist erschienen. Sie enthält auch einen Beitrag der Neusser Archäologen Dr. Karin Striewe (Amt für Stadtplanung, Bodendenkmalpflege) und Dr. Carl Pause (Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Clemens Sels Museum), der sich mit dem römischen Hafen von Neuss beschäftigt.
Das Thema war eines von 19 Projekten des Forschungsschwerpunktes „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft, an dem seit 2012 rund 60 internationale Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mitgearbeitet haben.
Der Hafen von Novaesium ist zwar noch nicht archäologisch nachgewiesen. Allerdings zeigen u.a. die Lage der Militärlager in der Nähe des Rheins sowie Güter wie Ölamphoren aus Spanien oder Kalksteinblöcke von der oberen Mosel, dass es einen solchen gegeben hat.
Bislang vermutete man den römischen Hafen im Bereich des heutigen Sporthafens.
2016 wurden hier im Rahmen des Projekts geoelektrische Messungen und Kernbohrungen bis in eine Tiefe von fünf Metern durchgeführt. Sie ergaben, dass der Rhein in römischer Zeit hier nicht geflossen sein kann.
Dies war aber nicht die einzige Überraschung. Bislang war man davon ausgegangen, dass die römischen Häfen an Altrheinarmen oder strömungsarmen Flussabschnitten lagen.
Neue geoarchäologische Untersuchungen zeigten aber, dass wohl das Gegenteil der Fall war. Demnach lagen die römischen Anlegestellen in den strömungsgünstigen Abschnitten kurz vor den Scheitelpunkten der Prallhänge. Auf Neusser Stadtgebiet kamen hierfür in römischer Zeit zwei Bereiche infrage: das Rheinufer zwischen dem Reckberg und dem nun verschwundenen Quinheimer Berg auf Höhe der Ortslage Grimlinghausen sowie das Ufer zwischen dem Sporthafen und der heutigen Neusser Innenstadt. In beiden Abschnitten hat aber die Strömung des Rheins seit römischer Zeit in erheblichem Umfang Land fortgerissen.
Außerdem wurde die Uferzone durch den Bau des Nordkanals, moderne Wasserbaumaßnahmen sowie die Bautätigkeit des 20. Jahrhunderts stark verändert.
Die Chancen, noch Reste des römischen Hafens von Novaesium zu finden, sind somit als gering zu bezeichnen. Vor allem der Rhein hat diesbezüglich in den letzten 2.000 Jahren ganze Arbeit geleistet.

Manuela Mirschenz, Renate Gerlach und Jan Bemmann, Der Rhein als europäische Verkehrsachse Bd. III. Bonner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie Bd. 22. Bonn 2019.
ISBN 3-936490-22-0