17.12.2021 - Ultraschall in Gewässern

In Neuss fand das erste internationale Anwendertreffen statt

Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland trafen sich Ende Oktober zu einem ersten internationalen Anwendertreffen im Romaneum in Neuss, um sich über die Erfahrungen mit Ultraschallanlagen zur Verbesserung von Wasserqualität auszutauschen.

Bereits im Jahr 2015 hatte sich die Stadt Neuss dazu entschieden, das mit Nährstoffen von Wasservögeln stark belastete Jröne Meerke mittels einer neuen und bis dato selten in Gewässern eingesetzten Ultraschall-Methode zu behandeln. Zuvor war es im See in regelmäßigen Abständen zur massenhaften Vermehrung von Grün- und Blaualgen gekommen. Die positive Entwicklung im Jröne Meerke veranlasste die Stadtverwaltung dazu, Fachleute und Interessierte zu einem Erfahrungsaustausch in Form eines Anwendertreffens nach Neuss einzuladen. An der Veranstaltung nahmen insgesamt 31 Personen aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern und aus dem Vereinigten Königreich teil.

Nachdem Dr. Matthias Welpmann, Beigeordneter für Umwelt, Klima und Sport, zunächst auf die Konfliktsituation innerhalb der Bevölkerung in Bezug auf den starken Wasservogelbesatz am Jröne Meerke eingegangen war, stellte Ingenieur Hartmut Wassmann (Hohen Neuendorf, bei Berlin) die Entwicklung am Jröne Meerke seit 2015 vor: Zwei Wochen nach dem Beginn der Ultraschallbehandlung im Frühjahr 2015 konnte bereits eine deutliche Verbesserung der Wasserqualität beobachtet werden. So erhöhte sich im ersten Jahr die Sichttiefe im Gewässer, die eine guter Indikator für die Algenkonzentration ist, von einem halben auf eineinhalb Meter. In den Folgejahren wurden Sichttiefen von fünf bis sieben Metern erreicht. Das Jröne Meerke wurde zu einem klaren See, über größere Zeiträume konnte man durch das Wasser bis auf den Grund schauen. Bei verschiedenen, zeitlich begrenzten Ausfällen der Ultraschallanlage (beispielsweise durch Blitzschlag) zeigte sich eine rasche Verschlechterung der Gewässerqualität, die sich nach Wiedereinschalten der Anlage umgehend wieder verbesserte. Über eine ähnlich positive Entwicklung konnte Lutz Hirschmann von der Umweltbehörde der Stadt Münster für den Hiltruper See berichten. Hier wurde bereits im Jahr 2012 mit der Ultraschallbehandlung begonnen.

Wie funktioniert das Ultraschallverfahren?
Über einen kleinen Sonarkopf (Durchmesser circa 8 Zentimeter) wird ein pulsierendes Ultraschallsignal ins Wasser eingebracht. Das Verfahren zeichnet sich durch einen geringen apparativen Aufwand, niedrigen Stromverbrauch und große Reichweiten (300 bis 400 Meter pro Sonarkopf) unter Wasser aus. Die Übertragung des Ultraschalls in die Luft ist ausgeschlossen, da die Luftschichten wie ein Stahlschild gegenüber dem Ultraschall wirken.

Über die physikalischen Grundlagen und weitere Anwendungsgebiete des Ultraschalls - insbesondere im Bereich der Medizin – referierte Dr. Volker Wilkens von der Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Im Gegensatz zu medizinischen Verfahren, wo hochfrequenter und energiereicher Ultraschall in Nahdistanz verwendet wird, finden in Gewässern niederfrequente und energiearme Anlagen mir geringen Feldstärken und großer Reichweite Verwendung.

Im weiteren Verlauf stellte Dr. Jonathan Newman von der Umwelt-Agentur des Königreichs Groß-Britannien die verschiedenen Hypothesen zur Wirkweise des Verfahrens auf Algen vor. Newman beschäftigt sich bereits seit 1990 mit dem Thema Ultraschall in Gewässern. Er gilt europaweit als erfahrenster Experte auf dem Gebiet. In seinem Vortrag unter dem Titel “Blowing Bubbles" kam er zu dem Fazit, dass derzeit noch kein plausibler, naturwissenschaftlich überprüfbarer Erklärungsansatz für das Verfahren existiert.

Im Hinblick auf die Biologie im Gewässer berichtete Dr. Udo Kosmac, langjähriger Leiter des Wasserlabors der Linksniederreihnischen Entwässerungsgenossenschaft LINEG, über positive Veränderungen im Spektrum des pflanzlichen und tierischen Planktons im Gewässer während einer Ultraschallanwendung.

Dr. Klaus van de Weyer (lanaplan, Nettetal) stellte seine Beobachtungen zur Entwicklung und Vermehrung von Wasserpflanzen (Makrophyten) während der Gewässerbehandlung vor. Durch das verstärkte Wachstumm der Makrophyten werden dem Gewässer Nährstoffe entzogen, was zu einer zusätzlichen Verbesserung der Wasserqualität beiträgt. Des Weiteren wies er darauf hin, dass trotz zahlreicher Beobachtungen, die nahelegen, dass vom Verfahren keine negativen Auswirkungen auf die Ökologie (Fledermäuse, Amphibien, Fische, Insekten) ausgehen, hier noch weiterer wissenschaftlicher Forschungsbedarf besteht.

Abschließend informierte Dr. Verena Höckele, Abteilungsleiterin beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT), über Förderprogramme für die weitere Forschung an innovativen und nachhaltigen Verfahren zur Gewässerbehandlung.

Das Fazit der Veranstaltung: Ultraschall in Gewässern ist ein wirksames Mittel zur Verbesserung der Wasserqualität. Es besteht jedoch ein dringender Bedarf zur eingehenderen, wissenschaftlichen Untersuchung der Wirkungsweise des Verfahrens.

(Stand: 17.12.2021, Kro)

Zur Pressemeldung finden Sie Fotos in unserem Bildarchiv.