Historisch
Die Revolution von 1848 und die Volksversammlung in Neuss
The Revolution of 1848 and the rally in Neuss
Die städtischen Wiesen vor dem ehemaligen Hessentor waren 1848 ein zentraler Schauplatz der Revolution im Rheinland. Viele Tausend Menschen versammelten sich am 10. September 1848 zur ersten großen Zusammenkunft der Demokraten am linken Niederrhein.
Nachmittags hörten sie Reden prominenter Vertreter der Demokratenvereine und Volksclubs wie Josef Herzfeld (Neuss), Ferdinand Lassalle (Düsseldorf) und Heinrich Bürgers (Köln) – letztere waren enge Bekannte von Karl Marx.
Die Redner kritisierten das neue Bürgerwehrgesetz und vor allem Lassalle den Waffenstillstand zwischen Preußen und Dänemark. Die Demonstranten traten für die Einheit Deutschlands ein und riefen die zeitgleich tagende Frankfurter Nationalversammlung dazu auf, die Errungenschaften der Märzrevolution – die Regierung des Volkes – zu verteidigen. Im Anschluss zog die Menge durch die Stadt. Für Neusser Verhältnisse war die Kundgebung mit 5.000 bis 10.000 Menschen ein Großereignis, zählte die Stadt doch erst gut 9.000 Einwohner. Während im Polizeibericht von „Tumulten“ die Rede ist, sprach der Neusser Bürgermeister Adam Breuer von einer friedlichen Veranstaltung.
Die bürgerlich-demokratische Revolution war ein europäisches Ereignis, das in Frankreich im Februar 1848 seinen Ausgang genommen hatte. Seitdem waren vor allem Baden, Sachsen, Berlin und das preußische Rheinland zunehmend politisiert worden. Die Menschen demonstrierten für demokratische Reformen in Militär und Justiz, Pressefreiheit, ein Parlament des Volkes, nationale Einheit und die Abschaffung der Monarchie. Der großen Versammlung in Neuss folgten im September 1848 weitere in Krefeld, Köln und auf der Rheinwiese bei Worringen.
Neuss blieb ein revolutionärer Stützpunkt mit dem Versammlungsort beim Wirt Reiner Lucas, wo Ferdinand Lassalle am 21. November 1848 zum bewaffneten Kampf gegen die drohende Belagerung aufrief. Sein Aufruf verhallte, aber Lassalle trug die Rede seine Verhaftung ein. In Neuss folgten jedoch noch etliche Versammlungen. Am 10. Mai 1849 zogen 2.000 Demonstranten von Gladbach nach Neuss. Als zusätzliche Militärkräfte in die Stadt verlegt wurden, weil man einen Überfall auf das Zeughaus befürchtete, gaben die Marschierer auf. Der Neusser Demokrat Josef Herzfeld floh nach Amerika.
Die Revolution von 1848/49 brachte noch keinen Durchbruch für die Demokratie, bereitete jedoch den Entwicklungen der kommenden Jahrzehnte den Weg: der Einheit Deutschlands und dem konstitutionellen Verfassungsstaat in Preußen. Auch Neuss hatte daran einen Anteil – nicht zuletzt mit der Versammlung auf den Wiesen vor dem Hessentor.
Zeitstrahl
- Februar 1848 Februarrevolution in Frankreich
- März 1848 Märzrevolution in Preußen und weiteren deutschen Staaten
- Mai 1848 In Neuss gründen demokratisch gesinnte Bürger den Demokratischen Club.
- 18. Mai 1848 Die deutsche Nationalversammlung tritt in der Frankfurter Paulskirche zusammen.
- 22. Mai 1848 Die preußische verfassunggebende Nationalversammlung tritt in Berlin zusammen.
- 10. September 1848 Große Versammlung der demokratischen Vereine auf den Wiesen vor dem Hessentor
- 21. November 1848 Lassalle fordert die Neusser bei einer Versammlung zum Aufstand auf.
Am folgenden Tag wird er verhaftet. - 5. Dezember 1848 Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. löst die preußische Nationalversammlung auf und oktroyiert eine Verfassung.
- 3. April 1849 Friedrich Wilhelm IV. lehnt die Kaiserkrone ab, die ihm die deutsche Nationalversammlung anträgt.
- 10. Mai 1849 Marsch tausender Demokraten aus umliegenden Städten nach Neuss.
Den geplanten Sturm auf das Zeughaus geben sie jedoch auf. - 30. Mai 1849 Einführung des Dreiklassen-Wahlrechts in Preußen
Quellen und Texte: Stadtarchiv Neuss
Grafisches Konzept: Cornelius Uerlichs
Diese Tafek wurde gestiftet von: FORUM Archiv und Geschichte e.V. · Michael Hohlmann, Mitglied des Kulturausschusses der Stadt Neuss · SPD Neuss · Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen