Biodiversität

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Wenn man aufmerksam durch die Neusser Landschaft wandert oder radelt, lassen sich Arten wie Feldhase, Erd- und Kreuzkröte, Kammmolch, Zauneidechse, Kiebitz, Steinkauz, Schleiereule, Nachtigall oder die Gebänderte Prachtlibelle entdecken.

Selbst mitten in der Stadt brüten Mehlschwalben oder Mauersegler an Hausfassaden und abends jagen die Zwergfledermäuse durch die Gärten und um die Straßenlaternen. Zudem stehen mit der Ölgangsinsel, dem Uedesheimer Rheinbogen inkl. Fisch-Ruhezonen im Rhein und dem Knechstedener Wald mit Mühlenbusch 316,5 ha Fläche (dies entspricht etwa 3,2% des Stadtgebietes) unter Natur- bzw. FFH-Gebietsschutz. Diese Flächen beherbergen neben seltenen Tierarten auch gefährdete Pflanzengesellschaften wie Auwald und Halbtrockenrasen.

Im Mai 2011 beschloss der Rat der Stadt Neuss einen Biotopverbundplan, der den Planern dazu dienen soll, diese Biologische Vielfalt zu erhalten. Auf der Grundlage von umfassenden, faunistischen Kartierungen seit dem Jahr 2005 wurden Vorrangräume für sogenannte „planungsrelevante Arten“ abgegrenzt, die die Schutzausweisungen im Landschaftsplan sowie die städtische Grünplanung ergänzen. „Planungsrelevante Arten“ sind Tiere oder Pflanzen, die aufgrund ihrer Seltenheit bzw. regionalen Bedeutung bei allen Planungen besonders zu berücksichtigen sind. Bei den Kartierungen und Artenschutzprüfungen im Rahmen der Bauleitplanung wurden in Neuss bisher 45 planungsrelevante Tierarten (FFH-Anhang II bzw. IV) erfasst.

(Biotopverbundkarte unter Downloads)

Für die Stadt Neuss ist die Biodiversität (= biologische Vielfalt) im Stadtgebiet bereits seit den 80er Jahren ein Thema. Im Jahre 1985 erwarb die Stadt Neuss ihr erstes „Biotop“, nämlich eine stillgelegte Auskiesungsfläche am Niederdonker Weg in Neuss-Vogelsang. Dabei ging es u. a. um den Schutz eines Kreuzkrötenvorkommens. Mittlerweile besitzt die Stadt Neuss mehrere solcher Biotopflächen, für die es sogenannte Biotopmanagementpläne gibt. Dies sind Pflege- und Entwicklungspläne, die z. B. regeln, wie oft die Wiesen gemäht oder was dort angepflanzt wird – natürlich immer ohne Einsatz von Pestiziden und Düngern – damit die Vielfalt an Pflanzen und Tieren, die dort brüten oder Nahrung finden, zunimmt. Auch bereits in den 80er Jahren startete das Umweltamt Artenschutzprojekte für das Erdkrötenvorkommen im Neusser Stadtwald, gebäudebewohnende Fledermäuse und den Schutz von Streuobstwiesen. Dabei arbeitet die Stadtverwaltung auch stets mit den örtlichen Naturschutzverbänden zusammen. Das städtische Biotopkataster umfasst zur Zeit (Stand August 2014) 130 schutzwürdige Biotope mit insgesamt 750 Wildtierarten (davon 130 Rote-Liste-Arten) und 1.175 Wildpflanzenarten (davon ca. 100 Rote-Liste-Arten).

Im Rahmen von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen sind innerhalb von neuen Baugebieten oder auch im Außenbereich seit 1990 ca. 105 ha neue Biotop- und Waldflächen entstanden. Hierzu zählen z. B. auch Ortsrandabgrünungen, die dem Ausgleich im naturschutzrechtlichen Sinne dienen.

Aber nicht nur im Zusammenhang mit gesetzlichen Verpflichtungen, sondern auch durch von der EU, Bund oder Land geförderte Projekte wie die Euroga 2002+ hat die Stadt Neuss Einiges für die Artenvielfalt getan. So wurde aus Ackerflächen und einer Industriebrache im Rheinvorland ein naturnah gestalteter Landschaftspark, der sogenannte Rheinpark. Hier finden jetzt Arten wie Nachtigall, Baumfalke, Kammmolch, Zwerg- und Rauhautfledermaus oder Großer Abendsegler neue Lebensräume und Nahrungshabitate.

Selbst innerhalb der Baugebiete wurde und wird Lebensraum für gefährdete Arten geschaffen.  In Zusammenarbeit mit den Neusser Wohnungsbaugesellschaften schafft das Umweltamt bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen auch „Wohnraum“ für Fledermäuse und Mauersegler. In den städtischen Grünanlagen sieht und hört man Grünspecht und Waldkauz. Auch die akustisch sehr auffälligen Halsbandsittiche bevölkern mittlerweile unsere Parkanlagen. Sie werden zwar den gebietsfremden Arten („Exoten“) zugeordnet, haben sich aber in den wärmeren Regionen Deutschlands mittlerweile als sich fortpflanzende Brutkolonien etabliert.

Für den Außenbereich in Neuss, d. h. außerhalb der Siedlungen, gibt es den Landschaftsplan, Teil I (Neuss). Hier sorgen die Untere Naturschutzbehörde des Rhein-Kreises Neuss in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station in Dormagen und der Stadt Neuss dafür, dass insbesondere die gesetzlich geschützten Teile von Natur und Landschaft in ihrer Eigenart bewahrt und dort, wo nötig, durch bestimmte Pflegemaßnahmen seltene Lebensgemeinschaften gefördert werden. Die FFH-Schutzgebiete enthalten Vegetationsgesellschaften von europäischer Bedeutung. In der Rheinaue sind dies die artenreichen Glatthaferwiesen, Halbtrockenrasen und der Weichholzauwald.  Diese Biotoptypen sind wertvoll, weil sie nur noch dort vorkommen, wo Grünland extensiv gepflegt, d. h. selten gemäht und nicht gedüngt, und der Wald wegen regelmäßiger Überschwemmung forstwirtschaftlich nicht genutzt wird. Diese Pflanzengesellschaften bieten der Biologischen Station zum Beispiel auch die Möglichkeit, besonders seltene Arten wie den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling, eine Schmetterlingsart, die einstmals in der Rheinaue verbreitet war, in Neuss erfolgreich wieder anzusiedeln.

Um das Thema Biodiversität in Neuss auch perspektivisch und langfristig im Handeln der Stadtverwaltung und Politik zu verankern, hat die Stadt Neuss im Jahr 2010 die vom Bundesamt für Naturschutz und der Deutschen Umwelthilfe ins Leben gerufene „Deklaration Biologische Vielfalt für Kommunen“ unterzeichnet. Dies ist eine Art Selbstverpflichtung der Kommunen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die biologische Vielfalt zu fördern (siehe gesondertes Dokument „Deklaration Stadt Neuss“ unter Downloads)

Im Jahr 2011 belegte die Stadt Neuss beim Wettbewerb „Bundeshauptstadt der Biodiversität“ unter 124 Kommunen bundesweit den 14. Platz und in NRW sogar Platz 2. Im gleichen Jahr trat die Stadt Neuss dem Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ bei.

Die Leiterin des Amtes für Umwelt und Stadtgrün der Stadt Neuss, Dagmar Vogt-Sädler, ist Gründungsmitglied des Vorstands des gleichnamigen Vereins.

Ein Schwerpunkt für die nächsten Jahre ist das Thema „Biodiversität und Klimaanpassung“. Seit 2013 laufen in Neuss zwei Forschungsprojekte, die sich u. a. damit beschäftigen, wie sich Biodiversität in Folge des Klimawandels verändert und wie die Stadt Neuss die sich daraus stellenden Herausforderungen für Biotopmanagement- und Grünplanung bewältigen kann.

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